Als Stammgast im Störrischen Esel möchte ich jedes Jahr eine besondere Tour machen und der Bergführer im Esel, Herr Edgar Eberle, kann bei rechtzeitiger Bekanntgabe die Wünsche der Gäste meistens erfüllen. Die Paglia Orba stand schon zwei Mal in den letzten Jahren auf meiner Wunschliste, zugetraut habe ich mir die Gipfelbesteigung und vor allem den Abstieg mit Abseilen jedoch erst im heurigen Sommer 2019.

Wie immer bei den Hochtouren gibt es um 04.30 Uhr ein Früh-Frühstück und um 05:00 Uhr geht es los. Mit einem Kleinbus macht sich unsere sechsköpfige Gruppe im Morgengrauen und voller Erwartung auf die Bergtour. Nach knapp 2 Stunden erreichen wir den Ausgangspunkt in der Nähe des Col de Vergio, in der Hochebene des Niolo. Hier befinden sich die meisten Zweitausender und eben auch unser Ziel, die Paglia Orba mit 2.525 m.

Wir wissen, dass es eine längere, anstrengende Tour wird, gilt es doch 1.500 Höhenmeter zu überwinden.  Zuerst beginnt unser Weg ziemlich flach und wir marschieren zügig in das Golotal hinein und bald haben wir den wuchtigen Berg vor uns. Nach ungefähr 2,5 Stunden erreichen wir auf knapp unter 2.000 m die Mori-Hütte, wo nicht nur wir uns mit Kaffee und Jause stärken möchten, sondern auch einige Weitwanderer vom GR20 übernachten und sich für die nächste Tagesetappe rüsten.

Nach einer kurzen Pause geht es weiter für uns und dieses Mal müssen wir uns mehr anstrengen: Der Weg wird steiler und wir müssen bis zum Gipfel einige Kletterpassagen bewältigen. Durch die zunehmende Höhe gewinnen wir einen atemberaubenden Blick auf die Bergwelt rund um uns. Wir sind ganz nah beim Capu Tafunatu (ein benachbarter Berg mit einem 30 m durchmessenden Loch), sehen die Westküste mit dem Fangotal und im Süden die Bucht von Porto mit dem Capu d’Ortu.

Nachdem die Erinnerungsfotos mit dem spektakulären Loch im Hintergrund gemacht sind, steigen wir weiter über gut kletterbare Rinnen auf und erreichen nach insgesamt knapp 5 Stunden den Gipfel. Wir sind alle froh, dass wir es geschafft haben. Es ist nicht viel los dort oben, die Paglia Orba ist kein Massenprogramm. Dabei hat man vom Gipfel einen umwerfenden Rundblick und sieht andere bekannte und oft besuchte Zweitausender.

Nach unseren Fotoshootings am Gipfel drängt uns unser Bergführer – schließlich wollen wir am Rückweg noch in den Gumpen des Golo baden und zum Abschluss in Albertacce in ein typisch korsisches Café einkehren.

Schnell sind wir für das Abseilen eingeschult, denn es gilt drei längere, nicht ausgesetzte Passagen zu überwinden und so beim Abstieg Zeit und Höhenmeter einzusparen. Wir alle sind keine Profis und es ist uns ein bisschen mulmig zumute, als wir uns zurücklehnen und in den Gurt setzen sollen. Mit etwas Überwindung und Geschick schaffen wir es dann alle gut zu landen und können den Abstieg weiter über Geröllfelder und dann wieder wie beim Aufstieg fortsetzen.

In den herrlichen Bachbecken des Golo wollen sich einige von uns noch erfrischen, dann bringt uns der Bus am Abend wieder sicher nach Hause. Vorher stärken wir uns natürlich noch mit Pietra, Perroquet, Café und einem hausgemachten Fiadone, dem korsischen Topfenkuchen.

Danke an Edgar für diese unvergessliche Bergtour!

Riki Pölzelbauer, Gast