„Franzose bis in den Tod – Korse bis in die Ewigkeit“
Wer kennt sie nicht, die zwei liebenswürdigen Gallier? Asterix und Obelix waren auch schon einmal auf Korsika – mitsamt ihrer Autoren im Jahre 1973 (zumindest ist zu diesem Zeitpunkt das Werk „Asterix auf Korsika“ entstanden). Schon diverse andere Autoren vor den Herren Albert Uderzo und René Goscinny haben die Korsen als schroffes, eigensinniges, tapferes Völkchen beschrieben und so lassen sich die beiden frotzelnden Herren nicht den Sarkasmus nehmen und schreiben in ihrem Vorwort:
„Für den größten Teil der Menschheit ist Korsika die Heimat des Kaisers Napoleon, der ebenso wenig aus der Geschichte wegzudenken ist wie unser alter Freund Julius Cäsar. Aber Korsika ist auch das Land, wo es Blutrache gibt, die Siesta, politische Intrigen, aromatischen Käse, wilde Schweine, Esskastanien und alterslose Greise, die einfach nur zuschauen, wie die Zeit vergeht. Korsika ist aber auch mehr. Es gehört zu den Fleckchen Erde, die Eigenart, ja sogar Persönlichkeit besitzen, denen weder die Zeit noch die Menschen etwas anhaben können. Es ist eine der bezauberndsten Gegenden der Welt und trägt zu Recht den Namen „Insel der Schönheit“. Korsen sind Individualisten von überschäumendem Temperament, die gleichzeitig beherrscht und gelassen in ihrem Gehabe, gastfreundlich, ihren Freunden treu, heimatverbunden, redegewandt und mutig, noch eine andere Eigenschaft zu haben: Sie sind leicht beleidigt.“
Sie mögen Recht haben in ihren Behauptungen und anscheinend hat sich im Laufe der Geschichte nichts am Stolz der Korsen geändert – erzählt auch Journalistin und Buchautorin Jenny Hoch in ihrem Werk „Gebrauchsanweisung für Korsika“. Sie hat schon viele Begegnungen mit Land und Leuten gehabt und im Rahmen ihrer Recherche viel erfahren, so dass sie nun ein witziges, aber informatives Buch mit persönlicher Note über die Insel und ihre Bewohner geschrieben hat (2014 im Piper Verlag erschienen). Sie ist unserer Einladung gefolgt und kam samt der charmanten Familie am 20.07.15 ins Feriendorf, um aus ihrem Buch zu lesen. Der Abend war ein Erfolg, selbst kleinste Zuhörer hingen an ihren Lippen (da sie etwas erkältet war, durfte ich dann Co-Lesen, was mir sehr viel Spaß gemacht hat!) und ließen sich vom Stolz der Korsen erzählen. Am Ende gab sie dann noch mehr private Dinge preis:
Jenny Hoch: „Korsika ist die Insel der Schönheit. Aber es ist keine liebliche Schönheit, es gibt natürlich Postkartenstrände, aber es gibt schroffe Ecken, dornige Macchia und Korsen, die sich einem Touristen nicht mit zig Bücklingen nähern. Auf Korsika wird der Spieß umgedreht, nicht die Einheimischen tun alles, um dem Touristen seinen Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen, sondern sie erwarten von den Touristen, dass sie froh sind, an diesem schönen Flecken Urlaub machen zu dürfen. Ein Korse ist nicht gerne Diener. Das war schon in der Antike so, es war bekannt, dass die Korsen keine guten Sklaven abgeben, sie galten als wild und trotzig oder als faul, aber das getan, was man von ihnen verlangte, haben sie nie.“
Also ganz nach dem korsischen Sprichwort: „Wer Arbeit suchen muss, hat Pech. Wer sie findet, hat doppeltes Pech.“ Nicht nur durch ihre eigenen Erfahrungen, sondern auch durch Erzählungen anderer Korsen, erfuhr Jenny Hoch, wieso die Korsen ticken wie sie ticken.
Jenny Hoch: „Seit den Römern gab es 19 Herrscherwechsel, 37 Revolten, 7 Perioden der Anarchie. Die einzige Zeit der Unabhängigkeit war während der Regentschaft von Pasquale Paoli 1755 bis 1769, also 14 Jahre lang. Ist schon eine Weile her, aber unvergessen.“
Wie wurde auch schon in Gallien bei den Römern festgestellt: „Ein Kaiser, den die Korsen akzeptieren, muss Korse sein!“ Seit 1769, zufällig Napoleons Geburtsjahr, gehört die Insel zu Frankreich. Auch wenn man immer wieder (und immer noch) von korsischen Anschlägen auf Institutionen von „Festlandfranzosen“ liest, so fühlten sich die Korsen dennoch nicht unverbunden mit Frankreich. In „Gebrauchsanweisung für Korsika“ beschreibt Jenny Hoch eine Szene aus dem zweiten Weltkrieg, wo sich die Korsen patriotisch gegenüber Frankreich gezeigt haben – jedoch bleibt die Heimat Korsika ihr Schweiß, ihr Blut, ihr Stolz, ihr Alles! Auch wenn ich Korsen von heute frage, wie sie sich bezeichnen würden, so antworten sie immer: „Ich bin ein Korse! Aber wir gehören zu Frankreich und das respektieren wir…!“ Ganz nach dem Motto: „Franzose bis in den Tod – Korse bis in die Ewigkeit“ Nach mehreren Jahrzehnten Korsika als Urlaubsziel, darf sich auch Jenny Hoch „Korsin“ nennen. Aber das ganze Jahr hier bleiben möchte sie dennoch nicht. So schön die Insel im sommerlichen Glanz erstrahlt und ihre Besucher glücklich macht, so rau können sie und ihre Bewohner im Winter sein…
Jenny Hoch: „Dass sie auf einer Insel leben und von eben jenen Eindringlingen in die unzugänglichen Bergregionen getrieben wurden, macht es nicht einfacher. Das erklärt auch, warum die Korsen dem Meer traditionell skeptisch gegenüberstehen. Das Böse kam immer vom Meer. Nur in den Bergen fühlten sie sich sicher.“
Alle Jahre wieder – Korsika
Doch trotz all dem heute immer noch spürbaren Misstrauen gegenüber allen Ausländern, wo auch Kontinent-Franzosen zu zählen, hat unsere Autorin natürlich auch viele liebenswürdige Begegnungen und Anekdoten in ihrem Buch zu erzählen. Und obgleich sie direkte Ablehnung seitens der Einheimischen in ihrem Wahlurlaubsort am Anfang erfahren hat, fährt sie, seit sie klein ist, alle Jahre wieder mit ihren Eltern nach Korsika. Und langweilig, langweilig wird ihr die Insel nie!
Jenny Hoch: „Seitdem ich vier bin, bin ich jedes Jahr auf Korsika, als Kind, als Teenager, als Erwachsene. Ich werde oft gefragt, ob es nicht langweilig sei, immer an denselben Ort zu fahren. Eigentlich verstehe ich die Frage nicht, denn das ist ja gerade das Tolle daran! Einen Ort so gut zu kennen, ich weiß genau, wie es riecht, wenn ich um eine bestimmte Ecke bei uns im Dorf biege, nämlich nach frischem Brot, weil dort die Backstube ist. Ich weiß, wo am Strand der Rutschfelsen ist, wie die Wellen sich brechen, und so weiter.“
Und ich bin mir sicher, liebe Gäste, der ein oder andere unter euch, weiß wovon Jenny Hoch hier spricht… Eine stolze Insel, wo die Zeit stehen geblieben scheint, mit einem noch stolzeren Volk: DAS ist Korsika! Übrigens verdankt der korsische Freund unserer gallischen Helden „Osolemirnix“ seinen Namen einem weiteren, fast so bekannten Mann der Insel wie Napoleon: Tino Rossi (1907 – 1983). In Frankreich feierte der in Ajaccio geborene Sänger bereits ab 1934 mit „O Corse… O ile d’amour“ (Oh Korsika… Oh Insel der Liebe) Triumphe, ehe ihn 1938 der Schlager „O sole mio“ auch international bekannt machte…
Oh Korsika… Oh Insel der Liebe… Sie sind ja doch ganz romantisch und liebenswürdig, unsere Korsen!!!
In diesem Sinne – auf die Liebe unter den Völkern!
Lena Schimmelpfennig, Leiterin Exkursionswesen im Feriendorf